Man hat lange Zeit behauptet, die preussische Kanone
wäre der französischen Kanone überlegen, weil sie
einen Hinterlader hatte und die französische Kanone durch die
Öffnung geladen wurde.
In Wirklichkeit verhielt es sich anders. Im Jahr 1870 waren die
preussischen Kanonen mit Hinterlader aus Stahl und die französischen
aus Bronze. Zu dieser Zeit konnte jedoch noch niemand druckwiderstandsfähigen
Stahl produzieren. Aus diesem Grund war die Bedienung der Kanonen
mit Hinterlader für die Kanoniere gefährlich.
Vergleicht man die theoretischen Reichweiten, die Schussfrequenzen,
die Schiessgenauigkeit und die fast gleich grossen Kaliber, kann
auf den ersten Blick keine der beiden Kanonen bevorzugt werden.
Der wichtigste Unterschied lag in den Geschossen,
welche verwendet wurden und in der Art, wie sie angewandt wurden:
Die Franzosen verwendeten Sprung-Geschosse ( die vor dem Abschuss
so eingestellt waren, dass sie in zwei Entfernungen explodierten
- deshalb gruben sich manche in den Boden, bevor sie explodierten.
Die Preussen bevorzugten das Aufschlaggeschoss, das direkt nach
dem Kontakt mit einem Objekt explodierte.
Wollten die Franzosen auf kämpfende Soldaten schiessen -
was mit ihren Geschossen leicht möglich war, mussten sie
den Schuss in Bodennähe durchführen, in diesem Fall
betrug die praktische Reichweite nur 1800 Meter. Dies zwang sie
jedoch, bis in die vordersten Reihen vorzurücken und dadurch
waren sie sehr verwundbar. Die Preussen schossen pausenlos, in
gleicher Flugbahn und über ihre eigenen Reihen, dadurch waren
sie relativ geschützt und oft für die Franzosen ausser
Reichweite. Der unmittelbare Einschlag (mit Rauchentstehung) ihrer
Geschosse bot die Möglichkeit, die Schüsse schneller
zu regulieren.